Context API
Die Context API wurde in React sehr lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt, zunächst nur prototypisch implementiert und als experimentell bezeichnet, ehe sie in React 16.3. in grundlegend überarbeiteter Form offizieller Teil von React wurde.
Sie wurde dafür konzipiert, Daten innerhalb einer Komponenten-Hierarchie an sog. Konsumenten zu verteilen, ohne dabei Props an jede einzelne Komponente explizit übergeben zu müssen. Dies kann in einigen Fällen sehr mühsam sein, wenn es sich um Daten handelt, die von vielen Komponenten innerhalb des Baumes gemeinsam immer wieder verwendet werden. Dazu gehören bspw. Sprach-Einstellungen oder ein globales Style-Schema („Theme“).
In solchen Fällen bietet sich die Context API an, die jeweils aus einem Context Provider und beliebig vielen Context Consumern besteht. Der Provider dient hier als eine Art zentrale Instanz für die jeweilige Datenstruktur, der Consumer kann dann die entsprechenden Daten konsumieren, die vom Provider bereitgestellt werden. Sozusagen eine „semi-globale“ Dateninstanz, die nur für einen bestimmten Baum innerhalb der Komponenten-Hierarchie gilt.
Die Datenstruktur kann dabei durchaus auch sehr komplex sein und ist nicht auf einfache Datentypen wie Strings oder Arrays beschränkt. Eine Anwendung kann dabei auch beliebig viele Contexts besitzen (bspw. einen für die vom Benutzer eingestellte Sprache, einen für das Style-Schema, etc.) und auch ein Provider selbst kann mit wechselnden Werten mehrfach verwendet werden. Aber eins nach dem anderen.
API
Zur Erstellung eines neuen Contexts stellt React die Methode createContext
bereit:
Mit lediglich dieser einen Zeile haben wir bereits einen neuen Context erstellt. Der Context besteht nun aus einer Provider- und eine Consumer-Komponente: LanguageContext.Provider
sowie LanguageContext.Consumer
.
Innerhalb unserer Anwendung kann der Context nun genutzt werden, indem ein bestimmter Baum von einem Provider umschlossen wird:
Möchten wir in einer Komponente nun auf den Wert des Contexts zugreifen, umschließen wir eine Komponente und machen uns das Function as a Child Prinzip, das wir uns im vorherigen Kapitel angeschaut haben, zu nutze:
Wir können nun an einer beliebigen Stelle innerhalb unserer Anwendung die DisplaySelectedLanguage
Komponente verwenden und haben dort immer den jeweils vom Provider bereitgestellten Wert verfügbar. Ändert sich der Wert im Provider, werden auch alle Consumer- Komponenten unterhalb des entsprechenden Providers mit dem aktualisierten Wert neu gerendert!
Ein vollständiges, wenn auch recht konstruiertes Beispiel kann dann wie folgt aussehen:
Obwohl wir keinerlei Props an die DisplaySelectedLanguage
-Komponente übergeben, hat diese dennoch Kenntnis von der aktuell ausgewählten Sprache und zeigt korrekt an:
Ändert sich der value
einer Provider-Komponente, werden alle Consumer-Komponenten, die sich innerhalb dieses Providers befinden, neu gerendert!
Erweitern wir das Beispiel, können wir uns so eine relativ simple kleine Komponentenstruktur aufbauen, um bspw. Mehrsprachigkeit in einer Anwendung zu realisieren.
Im folgenden Beispiel legen wir ein Objekt mit Übersetzungen an und geben ein relativ umfangreiches Objekt mit verschiedenen Datentypen (bestehend aus einem Array, einem String, einer Funktion um die Sprache zu wechseln und einem Objekt mit den eigentlichen Übersetzungen) in den Context herein:
Zuerst definieren wir ein Objekt defaultLanguageContextValue
, welches den Default-Wert unseres neuen Context-Objekts darstellt. Dieses besteht aus:
einem Objekt
translationStore
, welches alle vorhandenen Übersetzungen beinhaltet.einer Standardsprache Deutsch (
de
) , die in derlanguage
Eigenschaft gespeichert wirdeinem Array (
availableLanguages
) mit allen verfügbaren Sprachen aus demtranslationStore
-Objekt, das wir mittelsObject.keys()
dynamisch aus den Eigenschaften auf erster Ebene erzeugen (in unserem Beispiel also['de', 'en']
).einer Platzhalterfunktion (
changeLanguage()
), die später in derLocalized
-Komponente durch eine echte Implementierung ersetzt wird. Dies dient dazu, dass wir bei inkorrekter Benutzung des Contexts nicht Gefahr laufen eine Funktion aufzurufen, die noch gar nicht existiert. In diesem Fall würde die Warnung ausgegeben werden „Funktion changeLanguage() nicht implementiert!“.
Die changeLanguage()
-Funktion kann erst später in der Komponente selbst implementiert werden, da React ansonsten keine Möglichkeit hätte, mit Bordmitteln den State (also in diesem konkreten Fall die Sprache und die Übersetzungen) zu ändern, da State für React nur innerhalb einer Komponente existiert. So könnten wir zwar die aktuelle Spracheinstellung bspw. in einer globalen Variable speichern, React würde die Komponente dann bei einer Änderung aber nicht neu rendern, da sich weder Props noch State geändert haben, dies aber eine Bedingung ist, um React den Seitenbaum neu rendern zu lassen.
Die Localized
-Komponente dient nun als Wrapper-Komponente für unseren neu erstellten Context. In ihr speichern (und ändern!) wir die vom Benutzer ausgewählte Sprache, indem wir den State entsprechend setzen. Wir speichern dazu das defaultLanguageContextValue
-Objekt im State der Komponente und implementieren hier zusätzlich die changeLanguage()
-Methode. Diese empfängt eine Sprache (also de
oder en
), modifiziert den State entsprechend, holt sich die Übersetzungen für die neu ausgewählte Sprache aus dem translationStore
Objekt und schreibt diese als translations
neu in den State. Wechselt der User bspw. die Sprache von Deutsch (Voreinstellung) zu Englisch, überschreibt die Funktion alle deutschen Übersetzungen im State mit den englischen Übersetzungen. Durch den Aufruf von this.setState()
wird ein Re-Rendering ausgelöst und alle Context-Consumer innerhalb des Komponenten-Baums werden mit dem aktualisierten Wert, den wir in der render()-Methode der Komponente an den Context-Provider übergeben, neu gerendert.
Das ganze klingt jetzt erstmal kompliziert, ist in der Praxis aber tatsächlich gar nicht so schwierig. Ich möchte an dieser Stelle daher dringend dazu ermutigen, das obige Beispiel einmal live auszuprobieren.
Übrigens gibt es in der obigen Komponente einen Fallstrick: Für gewöhnlich wird der State in einer Klassen-Komponente als erstes definiert und erst danach alle anderen Eigenschaften und Methoden der Klasse. In diesem Fall sind wir jedoch von der Konvention abgewichen und haben die changeLanguage()
-Methode zuerst implementiert. Dies hat den einfachen Grund, dass this.changeLanguage
ansonsten noch gar nicht definiert, also undefined
wäre. Um dies zu umgehen, definieren wir die Methode, bevor wir die state
-Eigenschaft der Klasse konstruieren.
Nun ist unser Code-Beispiel noch relativ komplex und komplexer als es tatsächlich sein müsste. Und so haben wir hier für die Headline und den Grußtext jeweils eine eigene Komponente erstellt, nur um in dieser jeweils einen Context-Consumer zu verwenden, um in diesem wiederum Zugriff auf das Objekt mit unseren Übersetzungen zu haben. Hier lässt sich der Code gleich so optimieren, dass wir eine generische Komponente erstellen um mit dieser direkt auf bestimmte Übersetzungen aus dem translations
-Objekt zugreifen zu können. Wir nennen diese Komponente Translated und als einzige Prop erhält sie die Eigenschaft, auf die wir im translations
-Objekt zugreifen wollen. In unserem konkreten Beispiel kann das also greeting
oder headline
sein.
Unsere App
-Komponente sieht dann entsprechend so aus:
Die Headline
und Greeting
Komponenten aus dem vorherigen Beispiel können wir uns dann einfach sparen.
Achtung: Gerade bei Übersetzungen ist es nicht unüblich, die Schlüssel für die Übersetzungen einfach kurz „key“ zu nennen und so hätte es durchaus einen gewissen Charme auch die Prop in der Translated
-Komponente key
zu nennen. So wäre das doch schön kurz und gut lesbar:
Hier macht uns React aber einen Strich durch die Rechnung, da key
ein reservierter Name in JSX ist und zur Identifizierung von Elementen dient, wenn diese Elemente in einem Array verwendet werden. Die genauen Gründe dazu sind im Kapitel über „Listen, Refs, Fragments und Conditional Rendering“ in „Die Grundlagen“ nachzulesen, dort konkret im Abschnitt „Listen“.
Verwendung mehrerer Contexts
Es ist kein Problem auch mehrere Context-Provider innerhalb einer Komponenten-Hierarchie zu haben. Das Verschachteln von mehreren Provider-Komponenten ist also kein Problem. Selbst Provider vom selben Context-Typen können ineinander verschachtelt werden. Dabei wird den Consumer-Komponenten stets der Context-Value des nächst höheren Providers übergeben:
Das obige Beispiel wäre also problemlos möglich. Die Ausgabe wäre hier:
Die Consumer-Komponente bezieht ihre Daten hier nach aus dem nächsthöheren Context-Provider, dieser hat im obigen Beispiel den Wert "2".
Ergibt das Verschachteln von gleichen Context-Providern meist relativ wenig Sinn, so ist es dennoch keine unübliche oder gar schlechte Praktik, verschiedene Context-Provider ineinander zu verschachteln. So kann eine Anwendung sehr einfach aus einem Theme-Provider, einem Language-Provider und einem Account-Provider bestehen. Letzterer würde sich dann bspw. um das Daten-Handling des eingeloggten Benutzers kümmern, ggf. Access Tokens oder benutzerspezifische Einstellungen verwalten.
Abkürzung: contextType
Bei der Verwendung von Klassen-Komponenten können wir uns eines Tricks bedienen und auf die Verwendung einer Consumer-Komponente, die unseren Komponenten-Baum weiter aufbläht, verzichten.
Der contextType
ist hier das Stichwort. Dieser kann einer Klassen-Komponente in Form einer gleichnamigen statischen Eigenschaft zugewiesen werden, anschließend kann dann innerhalb der Komponente mittels this.context
auf den Wert des jeweiligen Contexts zugegriffen werden. Als Wert bekommt die contextType
-Eigenschaft einen Context zugewiesen, der zuvor mittels React.createContext()
erzeugt wurde.
Allerdings ist es nur möglich, jeder Klasse lediglich einen einzigen Context-Typen zuzuweisen. Möchten wir auf den Wert zweier oder mehrerer Contexts zugreifen, müssen wir unser JSX wieder in Consumer-Komponenten wrappen. Bei der Verwendung der Public Class Fields Syntax aus ES2015+ reicht es dazu, eine statische Klassen-Eigenschaft contextType
zu definieren und dieser einen Context zuzuweisen.
Als Beispiel, angewendet auf die Translated-Komponente von weiter oben, sähe das dann etwa so aus:
Wir weisen der statischen contextType
-Eigenschaft der Komponente (die nun eine Klassen-Komponente und keine Function-Component mehr ist) als Wert unseren LanguageContext
zu und schon haben wir in this.context
den Wert des Contexts zur Verfügung.
Ohne die Verwendung der Public Class Fields Syntax (die ich einige Kapitel vorher allerdings dringend empfohlen habe, da sie uns das Leben an einigen Stellen einfacher macht) sähe der gleiche Code dann folgendermaßen aus:
Wir würden den contextType
also außerhalb der Komponente definieren und nicht mehr innerhalb. Im Grunde genommen ist das aber letztendlich Geschmackssache und hat sonst keine Implikationen oder Nachteile. Es ist allein eine andere Syntax-Variante, die erst in späteren ECMAScript-Versionen oder eben durch Transpiling mittels Babel möglich ist. Möglich gemacht wird sie durch das Babel-Plugin @babel/plugin-proposal-class-properties
.
Performance-Fallstrick
React optimiert Context unter der Haube massiv, um unnötiges Re-Rendering von Komponenten oder gar ganzen Komponenten-Hierarchien bestmöglich zu vermeiden. Zu diesem Zweck wird bei jedem Rendering der alte Context-Wert des Providers mit dem neuen Wert verglichen und Consumer-Komponenten anschließend nur dann neu gerendert, wenn sich der Wert ihres Context-Providers geändert hat.
Was in der Theorie ausnahmsweise mal relativ einfach klingt, bringt aber einen kleinen Stolperstein mit sich. Und zwar betrifft das Consumer-Provider, deren Value innerhalb der render()
-Methode einer Komponente stets neu on-the-fly erzeugt wird. Daher empfiehlt es sich normalerweise, den Context-Wert außerhalb der render()-Methode zu erzeugen und eine Referenz zum Wert statt eines stets neu erzeugten Werts zu übergeben.
Um dies zu verdeutlichen, hier vorab ein Negativ-Beispiel:
In diesem Fall erzeugen wir bei jedem neuen Aufruf der render()-Methode ein neues Objekt {color: this.state.color}
, welches wir als Wert für den Context-Provider benutzen. Da React lediglich überprüft ob die Referenz zum entsprechenden value
im aktuellen render()
-Aufruf der aus dem vorherigen render()
-Aufruf entspricht, dies hier jedoch niemals der Fall ist, da ja ein neues Objekt an Ort und Stelle erzeugt wird, werden hier sämtliche Consumer-Komponenten neu gerendert.
Das obige Beispiel lässt sich jedoch sehr einfach so umschreiben, dass die Performance-Optimierungen von React hier greifen:
Im zweiten Beispiel übergeben wir lediglich eine Referenz zum state
-Objekt der Komponente. Da diese auch beim Re-Rendering der Komponente erhalten bleibt, löst dieses Vorgehen kein Re-Rendering aus, solange sich der Inhalt des States der Komponente nicht ändert!
Last updated