Formulare
Formulare besitzen in React eine kleine Sonderstellung und funktionieren etwas anders als andere DOM-Elemente, da Formulare eine Art eigenen State besitzen, der erst einmal nichts mit dem React-State gemein hat.
Der State von Textfeldern besteht bspw. aus dem eingegebenen Wert, der State von Checkboxen oder Radio-Buttons resultiert aus der Tatsache ob diese ausgewählt sind oder nicht, Auswahllisten (<select></select>
) halten als State den ausgewählten Wert bzw. bei Mehrfachauswahl die ausgewählten Werte. React ändert an diesem Verhalten grundsätzlich erstmal nichts. Wer möchte, kann das so beibehalten und muss sich um nichts weiter kümmern.
Im React-Jargon ist dann die Rede von Uncontrolled Components, also unkontrollierten Komponenten. Unkontrolliert deshalb, weil React sich nicht um das State-Management dieser Komponenten kümmert. Das State-Handling ist entweder vollständig unabhängig von React oder funktioniert nur aus Richtung der DOM Formular-Elemente hin zum React State, jedoch nicht in die entgegengesetzte Richtung. Von einem Update am React-State bekommt ein Formular-Element also nichts mit und zeigt weiter den gleichen Wert (oder Status bei Checkboxen, Selects und Radiobuttons) wie zuvor.
Demgegenüber stehen die Controlled Components, also kontrollierte Komponenten. Hier aktualisiert ein Update am React-State den Wert (oder Status) des Formular-Elements und ebenso aktualisiert ein Update am jeweiligen Formular-Element den React-State. Controlled Components sind etwas aufwändiger in der Implementierung, sind zugleich jedoch auch die „sicherere“ Variante, da wir nicht Gefahr laufen, dass beide States voneinander abweichen.
Uncontrolled Components / unkontrollierte Komponenten
Unkontrollierte Komponenten können dabei im Wesentlichen in zwei verschiedenen Formen auftreten. Bei der ersten Variante werden einfach nur Formular-Elemente gerendert, die beim Abschicken bspw. rein serverseitig verarbeitet werden und in keiner Weise mit React interagieren. Ein komplett statisches Formular wenn man so will. React kümmert sich dabei nicht von alleine um die Anbindung an den React-State sondern lässt dem Entwickler hier sämtliche Freiheiten!
Bei der zweiten Variante werden Änderungen an einem Formular-Element in den React-State geschrieben, um bspw. im Hintergrund eine Validierung der Daten vorzunehmen oder die eingegebenen Daten an anderer Stelle auszugeben. Eine Änderung am React-State an anderer Stelle der Anwendung hat dabei keinerlei direkten Einfluss auf die Formularfelder.
Ein Beispiel für eine solche unkontrollierte Komponente:
Hier sehen wir ein einfaches Textfeld, in das der Benutzer einen gewünschten Benutzernamen eintragen kann. Die Uncontrolled
Komponente wird mittels onChange
-Event von jeder Änderung in Kenntnis gesetzt und kann den Benutzernamen weiterverarbeiten. Da React hier nur passiv agiert, also bei einer Änderung am Textfeld über den neuen Wert in Kenntnis gesetzt wird, bewegen wir uns immer noch im Bereich der Uncontrolled Components.
Dies ist in einigen Fällen ausreichend, insbesondere wenn die Formulare noch nicht all zu komplex sind. Allerdings ist der React-State hier vom DOM State entkoppelt bzw. funktioniert nur in eine Richtung. Der React-State wird aktualisiert, sobald das onChange
-Event des Textfelds ausgelöst wird. Allerdings bedeutet dies, dass nicht gleichzeitig auch unser Textfeld aktualisiert wird, wenn der Wert im React-State an anderer Stelle verändert wurde, bspw. weil der Response eines asynchronen Requests nach einiger Zeit eintrifft.
Ein Formularfeld gilt als kontrolliert, sobald ein value
-Attribut gesetzt wird. Ab diesem Moment erwartet React, dass wir uns als Entwickler selbst darum kümmern, den React-State mit dem Formularfeld zu synchronisieren. Möchten wir allerdings nur einmalig einen initialen Wert setzen ohne gleich die ganze Komponente zu einer Controlled Component zu machen, haben wir die Möglichkeit, statt des value
-Attributs das React eigene defaultValue
-Attribut zu setzen (defaultChecked
bei Checkboxen und Radiobuttons). Das Element bleibt dann weiterhin unkontrolliert, zeigt aber dennoch einen vorausgefüllten Wert (bzw. Status) an.
Controlled Components / kontrollierte Komponenten
Um sowohl State-Updates in Formularfeldern abzubilden als auch auf der anderen Seite benutzerseitige Änderungen an Formularfeldern in den React-State zu übertragen, benötigen wir eine Controlled Component. Hier überlassen wir das State-Handling eines Formular-Elements vollständig React. Dies bedeutet, dass wir das value
-Attribut mit einem Wert befüllen, den wir aus dem React-State beziehen und gleichzeitig auch einen geänderten Wert wieder zurück in den React-State überführen.
Das Ziel bei diesem Ansatz ist es, den React-State (oder einen anderen State-Container wie z.B. Redux) als Single Source of Truth zu betrachten, also als die einzige Quelle der Wahrheit. Relevant ist der Wert, der im von React verwalteten State steht, das jeweilige Eingabefeld reflektiert dann zu jedem Zeitpunkt den Wert aus diesem State.
Schauen wir uns auch hierzu mal ein Beispiel an:
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Controlled
Komponente gar nicht sonderlich von der Uncontrolled
Komponente im Absatz oben. Und tatsächlich ist der entscheidende Faktor, der die unkontrollierte Komponente zu einer kontrollierten werden lässt, einzig und allein das value
-Attribut des <input />
-Elements. Ist ein solches vorhanden, kontrolliert React das Formular-Element und erwartet, dass sich Änderungen am Eingabefeld entsprechend im State widerspiegeln. Wichtig ist außerdem der onChange
-Handler, um den Wert bei einer Änderung jeweils in den React-State zu übertragen. Ein gern gemachter Fehler wenn das erste Mal mit Formularen in React gearbeitet wird ist, entsprechende Eingabefelder nicht mit dem React-State zu synchronisieren, indem der neue Wert in den State geschrieben wird. Das Eingabefeld verändert sich dann nicht und zeigt weiterhin den alten Wert aus this.state
an.
Hier gibt es noch einige weitere Dinge zu beachten. So darf der Wert des value
-Attributes immer nur ein String sein, niemals undefined
oder null
.
Eine Ausnahme sind hier select
-Elemente, die ein multiple
-Attribut besitzen. Hier muss das value
-Attribut ein Array sein.
Moment mal, denkt ihr euch jetzt vielleicht. Welches value
-Attribut beim <select>
? Optionen selektiere ich doch, indem ich das selected
-Attribut bei der jeweiligen <option>
setze! Und ja, das ist korrekt in HTML, in React funktioniert das ein klein wenig anders. Hier wird der kontrollierte Wert ebenfalls über das value
-Attribut gesetzt. Dasselbe gilt übrigens auch für das <textarea>
-Element, dessen Initialwert für gewöhnlich durch seinen textContent
bestimmt wird. Nicht so in React.
React vereinheitlicht hier den Mechanismus zum Ändern von Werten etwas und erfordert für die drei Elemente input
(alle Typen mit Ausnahme checkbox
und radio
), textarea
und select
ein value
-Attribut! Bei einfachen Werten muss dies immer ein String sein, bei einer Auswahlliste mit dem multiple
-Attribut wie eben erwähnt ein Array bestehend aus Strings!
Darüber hinaus muss eine Änderung eines Formular-Elements immer auch zurück in den React-State übertragen werden. Dies kann mitunter etwas mühsam werden, insbesondere bei Checkboxen und Radiobuttons, bei denen nicht lediglich ein Wert geändert wird, sondern der Status (checked
) zu einem Wert.
Im Folgenden möchte ich eine vollständig kontrollierte Komponente zeigen, die alle Grundtypen von Formular-Elementen die HTML beinhaltet (andere input
-Elemente vom vom Typ email
, date
, range
, etc. funktionieren identisch wie Eingabefelder vom Typ text
).
Kern des Formulars sind erst einmal die drei Event-Handler Methoden für die verschiedenen Typen von Formular-Elementen: changeValue
, changeCheckbox
und changeSelect
.
Sie werden jeweils beim onChange
-Event der jeweiligen Formular-Elemente aufgerufen und bekommen ein Objekt vom Typ SyntheticEvent
übergeben. Aus dessen target
-Eigenschaft picken wir uns mittels ES2015 Object Destructuring wiederum einzelne Eigenschaften heraus, um damit anschließend den State entsprechend zu aktualisieren.
Bei Elementen vom Typ <input type="text" />
, <input type="radio" />
und <textarea />
sind das name
und value
, bei <input type="checkbox" />
interessiert uns der name
und die checked
-Eigenschaft, bei select
-Elementen interessiert uns in jedem Fall auch der name
und dann, abhängig davon, ob es eine einfache Auswahlliste ist oder eine Auswahlliste mit Mehrfachauswahl, wieder der value
oder die selectedOptions
. Ob wir es mit einer einfachen oder mehrfachen Auswahlliste zu tun haben, finden wir mittels der multiple
-Eigenschaft heraus, die wir uns ebenfalls aus der e.target
-Eigenschaft herauspicken.
Veränderung von Werten
Wird ein Wert verändert, wie es bei Text-Eingabe oder Radiobuttons der Fall ist, setzen wir eine gleichnamige State-Eigenschaft auf den jeweiligen Wert, den der Benutzer eingegeben hat und mit dem er den onChange
-Event getriggert hat. Da wir uns in einer kontrollierten Komponente befinden, funktioniert nun folgendes:
Der Benutzer ändert mittels Texteingabe den Wert
Ein
onChange
-Event wird ausgelöst und im Event-Handler verarbeitetDer Event-Handler setzt die State-Eigenschaft auf den neuen Wert
React re-rendert das User Interface und setzt die
value
-Eigenschaft des Eingabefelds auf den neuen Wert austhis.state
.Der Benutzer sieht seinen neu eingegebenen Wert.
Für den Benutzer ist dies erstmal Business as Usual. Er bemerkt nicht, dass das Formular anders funktioniert, als er das aus dem Browser kennt. Und doch hat sich hier React um die Logik im Hintergrund gekümmert und einen neuen „Frame“ im User Interface gezeichnet.
Veränderung von Zuständen bei Checkboxen und Radiobuttons
Checkboxen (<input type="checkbox" />
) funktionieren hier vom Ablauf im Hintergrund genauso, allerdings mit dem Unterschied, dass ihr Wert grundsätzlich gleich bleibt. Bei Checkboxen ändert sich statt des Werts der Zustand ihrer checked
-Eigenschaft von true
auf false
oder andersherum. Sie gelten daher dann als kontrolliert, wenn ihre checked
-Eigenschaft durch React gesteuert wird. Der onChange
-Event bei Checkboxen teilt uns mittels e.target.checked
mit, ob die eben geänderte Checkbox nun aktiviert (true
) oder nicht aktiviert (false
) ist. Diesen Status geben wir unverändert an den React-State weiter, React kümmert sich dann im Re-Rendering darum, dass der neue Status der Checkbox angezeigt wird.
Radiobuttons sind eine Art Hybrid-Element. Sie gelten wie Checkboxen ebenfalls als kontrolliert, wenn ihr checked
-Attribut durch React verwaltet wird. Allerdings gibt es für gewöhnlich mehrere Radiobuttons mit demselben Namen, allerdings mit unterschiedlichen Werten in einem Dokument. Hier würde es also keinen Sinn machen, den Wert zu einem Namen auf true
oder false
zu setzen, da uns der tatsächliche Wert des ausgewählten Radiobuttons interessiert. Hier schreiben wir also wie bei Text-Elementen den Wert des Radiobuttons in den State und prüfen dann beim Rendering des jeweiligen Radiobuttons selbst, ob der ausgewählte Wert aus dem State dem eigenen Wert entspricht: checked={this.state.radio === "1"}
. Also in diesem Beispiel: setze checked
auf true
, wenn der Wert eines Radiobuttons mit dem Namen radio
gleich 1
ist.
Veränderung des Status bei einfachen oder mehrfachen Auswahllisten
Fangen wir mit dem einfachen Fall an: einfache <select>
-Auswahllisten ändern ebenfalls wie Textfelder ihren Wert, lösen damit ein Re-Rendering aus und zeigen den ausgewählten Wert im neu gezeichneten User Interface an. Eine Ausnahme stellen hier mehrfache Auswahllisten dar.
Mehrfache Auswahllisten erwarten anders als Textfelder oder einfache Auswahllisten keinen String als Wert, sondern ein Array aus Strings. Diesen müssen wir uns allerdings selbst zusammenbasteln, da e.target.value
bei Mehrfach-Auswahllisten nur einen einzigen Wert enthält, selbst bei der Auswahl mehrerer Optionen. Hier hilft uns e.target.selectedOptions
weiter. Diese Eigenschaft ist ein Objekt vom Typ HTMLCollection
, mit den <option>
-Elementen, die momentan ausgewählt sind. Dieses Objekt können wir mit der statischen Array-Methode Array.from()
aus ES2015 ziemlich einfach in ein Array umwandeln. Indem wir mittels Array.map()
über dieses iterieren, können wir außerdem ein neues Array erzeugen, das alle für uns relevanten Werte enthält:
Das so erzeugte neue Array schreiben wir dann als neuen Wert in unseren State. Zuvor schauen wir jedoch erst einmal mittels e.target.multiple
, ob es sich überhaupt um ein <select>
mit Mehrfachauswahl handelt, da nur dieses ein Array als value
erwartet.
Alternativ wäre es natürlich auch möglich, einfachen Auswahllisten die changeValue
-Methode als Event-Handler zu übergeben und nur Mehrfach-Auswahllisten die changeSelect
-Methode. Dann könnten wir uns in selbiger den Check sparen, ob es sich um ein multiple
Select handelt. Es auf die obige Weise zu lösen hat aber den Vorteil, dass später der Typ von mehrfach auf einfach geändert werden könnte, ohne dass man zusätzlich noch den Event-Handler ändern muss. Aber das bleibt am Ende natürlich euch selbst überlassen.
Besonderheiten bei kontrollierten Komponenten
Ich habe in den obigen Beispielen jeweils das name
-Attribut der jeweiligen Elemente als Schlüssel benutzt, um deren Wert im State zu speichern. Das ist insbesondere dann praktisch, wenn man mit serverseitigem React arbeitet und bspw. Formulare auf Basis eines Datenbankschemas automatisch generiert und wieder verarbeitet. Voraussetzung für eine funktionierende kontrollierte Komponente ist das aber nicht. Es wird theoretisch weder ein name
-Attribut benötigt noch muss schlussendlich der Name der State-Eigenschaft mit dem name
-Attribut übereinstimmen.
Ihr könnt die gespeicherten Werte auch verschachteln, was sich anbietet wenn ihr in einer Komponente mehrere Formulare haben solltet (Achtung: React Antipattern!). Darüber hinaus muss nicht einmal zwingend der React-State verwendet werden um Controlled Components abzubilden. Im Gegenteil, in der Praxis wird stattdessen oftmals auch auf einen externen State-Container wie Redux, Unstated oder MobX zurückgegriffen.
Fazit
Formulare in React können in (von React) kontrollierter oder unkontrollierter Form auftreten.
Unkontrollierte Komponenten reichen für simple Formulare oftmals aus, allerdings empfiehlt es sich, Formular-Komponenten von React kontrollieren zu lassen um eine Single Source of Truth zu haben. Dazu muss das value
bzw. checked
-Attribut von React verwaltet werden. Auf Entwicklerseite muss dann manuell auf Änderungen reagiert werden.
Anders als in herkömmlichem HTML erwartet React den Wert von Textareas, Selects und Inputfeldern mit Texteingabe im value
-Attribut.
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